Wolfgang Kahlkes Reiseberichte













Fotos: Alfred Czogalla und Wolfgang Kahlke

Alpen Tour 2022: Schluderns St. Leonhard (7. Juni 2022)

Die 3 ersten Etappen unserer Alpentour hatten mit Hahntennjoch, Reschenpass und Stilfserjoch jeweils sehr ordentliche Pässe enthalten, welche schon zu spürbarer Müdigkeit in unseren Oberschenkeln geführt hatten. So sah unser Plan für den 4. Tag eine "Überführungsetappe" zur Erholung vor. Letztendlich sollte sich das als gute Idee herausstellen. Die Wettervorhersage sah alles andere als einladend aus. Im Prinzip war Regen für den ganzen Tag angesagt. Als wir jedoch nach dem Frühstück, vor der Pension Ortlerblick, unsere Räder wieder beluden, zog gerade eine Wolkenlücke über uns hinweg. Die Abfahrt kannten wir ja vom Vortag, nun gingen wir sie wegen der noch nicht ganz abgetrockneten Straße deutlich vorsichtiger an und hatten so auch die Gelegenheit, einen Blick auf den sehenswerten Zug der Wolken im Tal und an den Hängen zu werfen. Nach ein paar Kilometern auf der Reschenstraße, wechselten wir in Eyris auf den Etschradweg.

Die Südtiroler haben diesen Radweg sehr schön angelegt und man bekommt dabei vieles zu sehen, was diese liebenswerte Region ausmacht. Bis Laas führte uns die Strecke erst mal parallel zur hier schnurgeraden Etsch durch Obstanbau. Das folgende Stück bis Göflan ist größtenteils geschottert und recht kurvenreich und war trotzdem mit unserer Bereifung sehr gut zu befahren. Die Ausführung des Weges passte sich gut in das wildromatische Naturschutzgebiet ein. Die Wegführung geht nicht mitten durch die am Weg liegenden Orte wie Goldrain, Latsch, Naturns und Rabland. Wenn man sich die Orte ansehen möchte, dann muss man schon mal die Strecke verlassen. Wir trödelten nicht herum, da uns eine Regenwolke verfolgte. Vor Meran ist ein imposanter Aussichtspunkt angelegt, der auch einen sehr schönen Blick auf Dorf Tirol bot. Nach einem autobahnmäßigen Stück neben der Etsch erreichten wir die Radroute, die uns auf verkehrsarmen kleinen Straßen bis ins pulsierende Zentrum von Meran führte. Hier erwartete uns ein Kulturschock. Plötzlich wimmelten tausende bunt gekleidete Touristen und Einheimische um uns herum. Da wir auf der Suche nach Ersatz-Bremsbelägen für Alfreds Rad waren, schoben wir uns und die Räder durch die flanierende Masse in der Laubengasse (kölsche Übersetzung Hohestraße). Ohne Kauf-Erfolg setzten wir uns wieder auf die Räder und rollten wegen der unkalkulierbaren Fußgänger sehr vorsichtig in die Richtung der großen Passerbrücke (s. links). Der Passer führte deutlich mehr Wasser als die Etsch und sollte nun bis zum Tagesziel unser Begleiter sein.

Ab dem nördlichen Meraner Stadteil Obermais konnten wir nun dem Passerradweg folgen, wiederum eine größtenteils geschotterte Angelegenheit. Er war auch gut zu befahren, bis es unterhalb von Schenna sehr eng, feucht und holprig wurde. Hier ergab sich bald die Möglichkeit, auf der anderen Passerseite wieder gepflegten Schotter zu benutzen. Erst tröpfelte es hier, aber nach und nach wurde der Regen stärker. Ab St. Martin zog es uns im nun kräftigen Dauerregen auf die Bundesstraße, hier lagen nur noch wenige Kilometer, bis zu unserem Hotel am Ortseingang von St. Leonhard im Passeier, vor uns. Völlig durchnässt erreichten wir das Hotel Klotz. Freundlicherweise konnten wir gleich einchecken und durften auch unsere nassen Sachen zum Trocknen abgeben, toller Service.

Als wir trocken und sauber in unserem Zimmer relaxten, hörte auch der Regen mal wieder auf. Wir nutzten die Zeit zu einem Spaziergang in den Ort. Wegen unserer Stippvisite nach Meran fiel besonders ins Auge, wie wenig Touristen hier zu sehen waren, auch unser großes Hotel schien zu diesem Zeitpunkt, kaum Gäste zu haben. Also entschieden wir, wenigstens dort zu essen. Wir wurden nicht enttäuscht. Alfred untersuchte danach noch etwas das nähere Umfeld des Hotels, wo der Südtiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer, im Gasthaus Sandwirt geboren worden war. Für einen Besuch im Andreas Hofer Museum fand er keine Zeit, aber er besichtigte noch die Kapelle, die Andreas Hofers Großvater hatte errichten lassen und eine weitere der sogenannten Kapellen am Sand. Zudem schaute er immer wieder auf den waldigen Steilhang hinter St. Leonhard und stellte sich die Frage, wo um alles in der Welt dort die Passstraße des Jaufen-Pass versteckt sein könnte. Von unserem Standpunkt aus, war da nichts zu erkennen. An diesem Abend gönnten wir uns noch die Übertragung des mittelmäßigen Nationsleague Spiels Deutschland gegen England (1:1), und konnten, durch das Radfahren und den Fußball ermüdet, auch bald beruhigt einschlafen.

Leistungsdaten
Karte mit Streckenverlauf
Grafik mit dem Höhenprofil
Bildergalerie der gesamten Tour

Tag 1 (Übersicht)
Tag 2 (Jungholz - Landeck)
Tag 3 (Landeck - Schluderns)
Tag 4 (Stilfserjoch - Umbrailpass)
Tag 5 (Schluderns - St. Leonhard)
Tag 6 (St. Leonhard - Matrei)
Tag 7 (Matrei - Mittenwald)
Tag 8 (Mittenwald - Jungholz)


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