Wolfgang Kahlkes Reiseberichte






Fotos: Wolfgang Kahlke / Alfred Czogalla (Download mit Linksklick)

Kerpen Lourdes - Tag 9 Anglouleme - Bordeaux 8. Juni 2019

Als wir morgens wach wurden, konnten wir erfreulicherweise die getrocknete Wäsche von der Wäscheleine in unserem Schlafzimmer abnehmen. Sie erinnerte uns an den sehr harten Vortag mit dem Ritt durch Sturm und Schauer. Die Wettervorhersage für den Samstag, der vor uns lag, machte Laune auf einen angenehmeren Radtag. Es sollte ein sonniger Tag mit einigen Wolken werden, die morgendlichen 14 Grad kletterten bis auf 28 Grad am späten Nachmittag. Die Luft war sehr klar und angenehm und wir fuhren bald los. Uns war am Vorabend keine Bäckerei in der Nähe des Appartement-Hotels aufgefallen. Also rollten wir erst mal durch menschenleere Straßen. Kurz hinter der Querung einer Autobahn tauchte die erste Bäckerei namens "Backofen und Mühle" auf und wir bestellten unser französisches Standard Frühstück und packten ein "Baguette Traditionelle" ein. Das ist etwas kräftiger gebacken und schmeckte uns noch etwas besser als die durchweg hervorragenden Standard Baguettes. Nun ging es richtig los und wir folgten bald dem Flusslauf der Charente. Da uns der Vortag noch in den Knochen steckte und für diese Etappe ca. 127 Kilometer eingeplant waren, hatten wir uns vorgenommen, mit den Pausen großzügig zu sein. Nach einem kurzen Anstieg aus dem Flusstal stoppten wir schon nach 23 Kilometern an der Mairie des kaum wahrnehmbaren Dorfes Eraville im Department Cognac (s. links). Nach einer kurzen Obstpause ging es weiter durch die hügelige Landschaft, in der häufig Wein angebaut wird. Bis Bordeaux sollten wir an diesem Tag noch durch sehr viel Weinanbau fahren. Wie so häufig auf dieser Tour, waren wir hier auf sehr kleinen, gut zu fahrenden Nebenstraßen unterwegs. Nach 37 Kilometern erreichten wir mit Barbezieux-Saint-Hilaire den ersten (und einzigen) größeren Ort auf der Strecke. Wir hatten mittlerweile verinnerlicht, dass man im französischen ländlichen Raum nicht gedankenlos an einer Bar vorbeifahren sollte. Wir besetzten also schnell die Korbmöbel vor der Bar und bestellten uns einen Cafe au Lait und genossen das herrliche Wetter.

Bester Dinge rollten wir den Hügel hinab, auf dem der Ort entstanden ist und landeten schon bald auf einer ehemaligen Bahnlinie, die sehr schön zur Radtrasse umgestaltet worden war. Für die nächsten 20 Kilometer durften wir der sehr gut zu fahrenden Trasse folgen. Je höher wir kamen, um so mehr wurden wir mit den Folgen des Unwetters vom Vortag konfrontiert. Immer wieder lagen Knüppel auf der Strecke, aber auch schon mal Äste oder ganze Bäume. Mehr als einmal mussten wir über einen Baum klettern, der auf der Strecke lag, wegen den leichten Rennrädern war dies kein Problem und trübte auch nicht unseren Spaß an dieser toll ausgebauten Bahnlinie. Bei Chantillac war sie noch nicht zu Ende, aber unsere Strecke führte nun wieder über Land, an einzelnen Gehöften vorbei, bergauf und bergab. Etwa zur Hälfte der Tagesetappe nutzten wir den verlassenen Boule-Platz von Saint Colombe, um das Baguette mit Käse in Ruhe zu genießen. Es war hier wirklich sehr ruhig, keine Menschen oder Fahrzeuge störten unsere Pause. Nach der Pause und dem nächsten Anstieg fuhren wir die nächsten 15 Kilometer tendenziell immer leicht bergab. Da es auch immer wärmer wurde gingen unsere Wasservorräte langsam zur Neige und Geschäfte oder Bars lagen wohl nicht an unserer Strecke. Erst nach über 90 Kilometer fand Alfred mal wieder kurz hinter de Weinanbauort Cezac einen barmherzigen Samariter, der unsere Wasserflaschen füllte.

Es war warm, der Wind störte nicht und mit der Routine von acht Radtagen in den Beinen, kamen wir gut voran. Kurz hinter Saint Andre de Cubzac führte uns eine Rampe auf die imposante Brücke über die Dordogne. Der Fluss beeindruckte uns durch die Breite und Wassermenge, vor allen Dingen wenn man berücksichtigt, dass es eigentlich nur der Nebenfluss der noch größeren Garonne ist, welche gemeinsam ab Bordeaux den Mündungstrichter mit dem Namen Gironde bilden. Nachdem wir einige Fotos geschossen hatten, ging es weiter in Richtung unseres Hotels in Floriac. Die Straßen wurden zunehmend breiter und belebter und immer wieder ging es durch riesige Kreisverkehre, was aber völlig unproblematisch ablief. Die Kreisverkehre waren sehr übersichtlich gestaltet und die Autofahrer sehr aufmerksam, wie auch wir, so das keine kritischen Situationen entstanden. Wir fuhren durch Außenbezirke von Bordeaux in Form von riesigen Gewerbe- und Einkaufsgebieten. Nach 120 Tageskilometern hatten wir auch den letzten Anstieg des Tages geschafft und konnten in rasanter Fahrt zum Ort Floriac hinab rollen. Nachdem wir das Ortszentrum hinter uns gelassen hatten, ging es schnurstracks auf das Ufer der Garonne zu. Wir passierten die fast nagelneue Arena von Floriac, eine Multifunktionshalle, und erreichten kurz danach ein sehr großes Einkaufszentrum. Wir mussten etwas suchen und fanden unser Hotel dann hinter dem Einkaufszentrum und vor der Autobahn. Unsere Räder fanden diesmal einen sicheren Platz in einem eingezäunten Außenbereich. Bei der ursprünglichen Planung dachten wir, man könnte vom Hotel mal kurz über die Garonne in die Innenstadt von Bordeaux gehen. Die Wirklichkeit holte uns auf den Boden der Tatsachen zurück. Etwa vier Kilometer für eine Strecke waren dann doch etwas weit. Nachdem wir in unserem schönen Zimmer geduscht hatten, spazierten wir also statt dessen zu dem riesigen Auchan Markt in der Nähe, um nach Essensmöglichkeiten zu suchen. Im Selbstbedienungsrestaurant des Auchan-Markts sprach uns eine nette Mitarbeiterin an, die wohl unsere fragenden Augen gesehen hatte. Sie leitete uns durch den Prozess der Bestellungen und Besorgungen und bald hatten wir was Leckeres auf den Tabletts. Das Essen war frisch und gut, so das wir uns gestärkt in den Auchan stürzten, um unsere üblichen Besorgungen für den Abend und nächsten Tag vorzunehmen. Uns wurde auch klar, warum es an diesem Samstag auf der Fahrt über Land so menschenleer gewesen war. Die Menschen hatten sich hier im Supermarkt versammelt. Alle 50 Kassen waren geöffnet und die Kassiererinnen nahmen sich in aller Seelenruhe riesiger Einkaufswagen an. Wir waren beeindruckt, wie entspannt das alles ablief. Es war immer noch sehr warm, als wir zurück zu unserem Hotel spazierten. An diesem Abend legten wir nur noch die Beine hoch und füllten den Flüssigkeitshaushalt nach.

Karte mit Streckenverlauf
Grafik mit dem Höhenprofil
Grafik mit dem Geschwindigkeitsprofil

Tag 0 (Übersicht)
Tag 1 (Kerpen - Stavelot)
Tag 2 (Stavelot - Bouillon)
Tag 3 (Bouillon - Reims)
Tag 4 (Reims - Fontenay)
Tag 5 (Fontenay - Orleans)
Tag 6 (Orleans - Tours)
Tag 7 (Tours - Poitiers)
Tag 8 (Poitiers - Anglouleme)
Tag 9 (Anglouleme - Bordeaux)
Tag 10 (Bordeaux - Mont de Marsan)
Tag 11 (Mont de Marsan - Lourdes)
Tag 12 (Lourdes - Tourmalet)


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